Pierre-Philippe Hofmann

Portrait of a Landscape

25. Januar – 31. März 2019

Pierre-Philippe Hofmann, Portrait of a Landscape im Kunstraum Kreuzlingen
25. Januar – 31. März 2019

Der Künstler Pierre-Philippe Hofmann wanderte über vier Jahre und zu allen Jahreszeiten quer durch die Schweiz. Von zehn Randpunkten der Aussengrenze aus beschritt er zu Fuss seinen Weg hin zu deren geografischem Mittelpunkt, die Älggialp im Kanton Obwalden. Nach jedem Wegkilometer filmte er das, was direkt vor ihm lag. Mehr als 2.700 einmütige Videos entstanden dabei: Bauern auf ihren Höfen, Wanderer in verschneiten Landschaften, weidende Kühe nahe am Wegesrand im Sommer aber auch Bilder aus dem urbanen Raum wie befahrene Straßen mit stockendem Verkehr, Wartende mit Tragetaschen an der Bushaltestelle oder Kinder auf der Bank vor dem Supermarkt. Hofmanns festgehaltene Eindrücke von Stadt und Land zeigen in ihrer Fülle die diversen Zustände, die die sichtbare und fühlbare Essenz eines Landes ausmachen.

Bereits in seiner Arbeit «common places» (2003) fing Hofmann fotografisch das vielfältige Antlitz Belgiens ein und dokumentierte seinen eigenen suchenden Blick. Für Portrait of a Landscape führte er die systematische Erkundung in der Schweiz fort. 2012 war Hofmann mit seinem Langzeitprojekt zu Gast in der Künstlerresidenz Chretzeturm in Stein am Rhein. In Etappen wanderte er täglich von Steckborn ausgehend bis ins Zentrum der Schweiz. Das bekannte Thurgauer Umland findet sich in seinen Videoaufnahmen wieder und zeigt ungesehene Einblicke in die vertraute nahe Heimat.

Mit Portrait of a Landscape erschafft Pierre-Philippe Hofmann ein umfassendes dokumentarisches Kaleidoskop, in dem der Blick auf das einfach Schöne fällt und es dadurch zum Wesentlichen wird. Zu Fuss gehen bedeutet: Mit analoger Präzision und in Echtzeit zu betrachten, was sonst kaum wahrzunehmen ist. Es ist das Unbeachtete und Gewohnte, das in Hofmanns Landschaftsportraits aus seinem Schattendasein tritt. Neben der bekannten malerischen Schönheit der Schweizer Landschaft entfaltet das Alltägliche und unbeachtet Gesehene seine besondere Magie.

So klar und konzeptionell wie das Vorgehen des Künstlers in seiner Arbeit, so bewusst ist auch die gewählte Präsentationsweise: Im Kunstraum Kreuzlingen werden 72 Monitore am Boden installiert. Blickrichtung nach unten. Landschaftsbetrachtung auf Fusshöhe. Eine immense Anzahl an Eindrücken, die in ihrer allumfassenden Fülle zugleich begeistern und überfordern, da sie die schiere Unmöglichkeit aufzeigen, alles zu erfassen. Wie im echten Leben können immer nur Bruchstücke erhascht werden, einzelne Sichtweisen oder Situationen. Ein Gesamteindruck besteht immer aus vielen aber doch einzelnen Bildern. Die Filme werden im Zufallsprinzip auf den Bildschirmen gezeigt. Im Hintergrund begleitet durch eine Soundcollage von aufgenommen Geräuschen und Gesprächsfetzen, die der Künstler während seinen Wanderungen aufgezeichnete. Und immer wieder bleibt ein Bildschirm leer, wenn die Dauerschleife der Anzeige zu Ende geht. Ein schwarzes stilles Rechteck reiht sich dann ein in die Linie aus Bildern, Geschichten und Geräuschen.

Der Künstler selbst wirkt wie ein Weggefährte und zugleich als stiller Betrachter. Wir selbst gehen von Landschaft zu Landschaft, von Motiv zu Motiv und suchen den eigenen Weg, der an bewährten wie unerwarteten Blickwinkeln entlang läuft. Immer in der Hoffnung, die eigene Erinnerung zwischen Skilabhängen, Bauernhöfen und Städten wiederzufinden. Im Gang auf bekannten Wegen offenbart sich so ein ungewohnter, neuer und überraschender Blick auf die Schweiz.

 

Barbara Marie Hofmann, 2018