Hicham Berrada

Sturm im Wasserglas

27. Januar – 18. März 2018

Sturm im Wasserglas
Die Videos von Hicham Berrada situieren sich an der Grenze von Kunst und Wissenschaft. Sie bestechen durch alchimistisch anmutende Filmbilder, die einer aufbrausenden farbigen Landschaft gleichen.

Künstlerisch betrachtet, könnten Hicham Berradas Filmarbeiten auch als „Performances” gesehen werden: Der Künstler befüllt ein rundes Konservenglas mit säurehaltiger Flüssikeit und fügt diesem diverse stoffliche Beigaben hinzu. Die dabei entstehenden chemischen Vorgänge zeichnet er filmisch auf und macht so die zeitlichen und strukturellen Abläufe dieser Prozesse sichtbar. Was daraus entsteht, gleicht dem Mikrokosmos eines künstlichen Ecosystems, das an das Bild einer in Farbe explodierenden Landschaft erinnert. Alles gerät in Bewegung und formiert sich ständig neu, als wäre es der Geschichte „de la création du Monde“ entglitten.
Alle Vorgänge scheinen mit dem Zufall zu spielen, doch sind die gezeigten Reaktionen durch das Wissen des Künstlers stets wohlweislich überlegt. Eine wissenschaftliche und biologische Kenntnis wird spürbar, die es Berrada ermöglicht mit fast spielerischer Leichtigkeit einen chemischen „Sturm im Wasserglas“ zu provozieren.
In einer Konferenz in der Abbey de Monbuisson betonte Hicham Berrada seine Bewunderung für die Landschaftmalerei von Poussin, die sich in metaphorischer Form bereits in seinen früheren Arbeiten wiederspiegelt. Berradas aktuelle Videos evozieren jedoch nicht nur fantastische Landschaftsbilder im Kopf des Betrachters. Die markante Langsamkeit – „slow motion“ – der Aufzeichnungen lässt zudem ein tiefes und differenziertes Empfinden für Abläufe und Entwicklungen erkennbar werden. Die in starker Zeitlupe dargestellten Prozesse thematisieren das Verständnis von Zeitlichkeit. Uns als Betrachter ermöglichen es die Videos eine chemische Reaktion in all ihren Details zu beobachten. Sie lassen uns eintauchen in eine „Zeitreise der Zukunft”.

Hicham Berradas Projektion im Tiefparterre steht in engem Zusammenhang mit der Ausstellung „Schichten“ mit Zeichnungen von Roland Dostal, die im Herbst im Kunstraum Kreuzlingen zu sehen war. Dostal Arbeiten entführen uns in eine immer neu entstehende Welt von Bildern und Formen, die ebenso an abstrakte Landschaften erinnern können. Gleichsam wie Berradas Filmarbeiten machen sie ein Inneres sichtbar, das sich durch andauernde lebendige Prozesse stetig neu formt und weiterentwickelt.
Hicham Berrada gesehen in:
Ausstellungen: 2017   Palais de Tokyo, Paris
Transhumance, Centre international d’art et du paysage, Vassivière F

Aktuell:  Expo Personelle. Abbey de Montbuisson, St Ouen l’Aumone bis 22. Avril l 2018

 

 

 

 

Barbara Marie Hofmann/tiss 2017